Das Kano-Modell ist eine der beliebtesten Methoden zur Bemessung der Kundenzufriedenheit. Es entstammt Noriaki Kanos Anpassung der Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg in den späten 70er und frühen 80er Jahren. Herzbergs Theorie beruht auf der Annahme, dass sich Zufriedenheit und Unzufriedenheit in der Motivationstheorie nicht als jeweiliger Gegenpol gegenüberstehen, sondern zwei voneinander unabhängige Konstrukte sind. Schließlich ist eine Person nicht automatisch zufrieden, wenn keine Unzufriedenheit vorherrscht.
Kano stimmte Herzberg insofern zu, als Zufriedenheit und Unzufriedenheit nicht das jeweilige Gegenteil voneinander sind, sah beide Begriffe jedoch nicht als voneinander unabhängig an. Diese Erkenntnis, behandelte er 1984 in seiner Studie „Attractive Quality and Must-Be Quality“. Neben der Asymmetrie von Zufriedenheit und Unzufriedenheit, erweiterte Kano sein Modell um eine dynamische Ebene, die den Faktor Zeit berücksichtigte. Demzufolge hat ein Produkt oder eine Dienstleistung fünf Merkmale, die einen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben.
Das Kano-Modell und seine fünf Merkmale
Basismerkmale (Must-Be Quality Elements):
Hierbei handelt es sich um die Minimalanforderungen, die Kunden haben. Die Erfüllung dieser bringt keine zusätzliche Zufriedenheit, aber verhindert Unzufriedenheit. Beispiel: Du kaufst ein Buch und alle Seiten sind vorhanden.
Leistungsmerkmale (One-dimensional Quality Elements):
Diese spiegeln sich, in der von Kunden erwarteten Leistung, wider. Wird dieser entsprochen, resultiert dies in Zufriedenheit. Wird diese übertroffen, steigt die Zufriedenheit weiter an. Hält das Produkt oder Dienstleistung nicht, was es verspricht, entsteht Unzufriedenheit. Beispiel: Du kaufst neue Laufschuhe, die wesentlich länger halten als von dir erwartet. Deine Erwartungen wurden dadurch übertroffen. Hätte sich im Gegensatz dazu, bereits nach drei Tagen eine Sohle gelöst, wärst du berechtigterweise verärgert.
Begeisterungsmerkmale (Attractive Quality Elements):
Damit sind jene Merkmale gemeint, die von Kunden nicht voraussetztet werden. Deren Vorhandensein generiert zusätzliche Zufriedenheit. Fehlen diese, resultiert dies jedoch nicht in Unzufriedenheit. Wird ein Begeisterungsmerkmal allerdings der neue Standard, wandelt sich dieses allmählich in ein Basismerkmal um. Beispiel: Du bestellst ein neues Musikalbum und es enthält einen Bonustrack, der nicht vorab beworben wurde. Hast du allerdings bereits drei Alben dieser Band gekauft, und jedes davon verfügt über einen Bonustrack, wäre dies für dich bereits ein Basismerkmal.
Unerhebliche Merkmale (Indifferent Quality Elements):
Dieses sind Eigenschaften, die keinerlei Auswirkung auf die Zufriedenheit haben. Dabei ist vollkommen egal, ob sie vorhanden sind oder fehlen. Beispiel: Du kaufst ein neues Smartphone, das über fünf Klingeltöne mehr verfügt als sein Vorgänger.
Rückweisungsmerkmale (Reverse Quality Elements):
Sind diese vorhanden, wirken sie sich negativ auf die Kundenzufriedenheit aus. Beispiel: Deine Lieblingshose muss ersetzt werden, ist aber nur noch in einer Farbe, die dir nicht zusagt, erhältlich.
Das Kano-Modell in der Umsetzung
Die nötigen Daten für die Umsetzung des Kano-Modells kannst du in Kundenumfragen durch den Kano-Fragebogen einholen. Dieser beinhaltet zwei geschlossene Fragen. Davon ist eine funktional (positiv) und die andere dysfunktional (negativ). Für die Beantwortung beider Fragen gibt es dieselben sechs Antwortmöglichkeiten:
- Positiv
- Erwartet
- Neutral
- Tolerierbar
- Störend
- Weiteres
Die sechste Antwortmöglichkeit, „Weiteres“, wird in der Praxis meistens wegrationalisiert. Schließlich bricht diese Option mit dem Prinzip einer geschlossenen Frage und erschwert dadurch die Auswertung.
Nachdem beide Fragen mit einer der Auswahlmöglichkeiten beantwortet wurden, stellst du diese in einer Kreuztabelle gegenüber. Werte diese im Anschluss mithilfe der Merkmale des Kano-Modells nach dem folgenden Muster aus:
Wie du sicherlich bemerkt hast, existiert neben den fünf Merkmalen, die das Kano-Modell kennt, mit Questionable (Fragwürdig) noch eine sechste Eigenschaft, die für die Auswertung herangezogen wird. Wie der Name bereits sagt, steht diese für einen fragwürdigen Widerspruch in der Beantwortung der Fragen.
Mr. Digital Sales Transformationstipp: Nun verfügst du über die nötigen Rohdaten, um eine Interpretation durchzuführen. Die Diskrete Auswertung, sprich die Darstellung der prozentualen Häufigkeit der jeweiligen Antwortgegenüberstellungen, ist dabei die simpelste sowie direkteste Variante. Für komplexere Auswertungsvarianten empfehle ich das zurate ziehen von Fachliteratur wie „Die Kano-Theorie der Kundenzufriedenheitsmessung“ (2008) von Jörg A. Hölzing.
Darüber hinaus, gibt es etliche Möglichkeiten, einen Kano-Fragebogen digital zu erstellen, versenden und auszuwerten. Das populärste Tool dafür ist Kano+.
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